Das Studium der Betriebswirtschaftslehre dreht sich hauptsächlich um
erwerbsorientierte Unternehmen. Dass man aber auch in Hilfsorganisationen
richtig und gut „wirtschaften“ muss, veranlasste den Haimelkofener
BWL-Studenten Philipp Niklas dazu, seine Abschlussarbeit über ein
Straßenkinder-Projekt im Senegal zu schreiben. Vergangenen Juni lebte und
arbeitete er dort selbst drei Wochen lang.
Das von Philipps Vater 2002 mitgegründete Hilfsprojekt „Perspektive
Senegal“, bietet in einem Zentrum mehr als 30 Kindern und Jugendlichen
nahe der senegalesischen Hauptstadt Dakar ein Zuhause. Die meisten Jungen
sind ehemalige Straßenkinder oder wurden von ihren Eltern in Koranschulen
geschickt.
Einer
von ihnen ist der 16-jährige Aliou. Da ihn seine Eltern nicht ernähren
konnten, brachte ihn sein Großvater, Moslem wie 92 Prozent der
senegalesischen Bevölkerung, in eine verdreckte Koranschule, in der es
nicht einmal fließendes Wasser gab. Zweimal wöchentlich lehrte der
Marabout, der islamische Geistliche, den Koran. Die restliche Zeit musste
Aliou mit den anderen Koranschülern in Dakar betteln. Kamen sie abends mit
zu wenig Geld zurück, bestrafte sie der Marabout oft mit Schlägen. Nach
der Auflösung der Koranschule musste Aliou drei Monate in einem
Krankenhaus wegen Blutarmut behandelt und wieder aufgepäppelt werden,
bevor er als eines der ersten Kinder im Zentrum aufgenommen werden konnte.
„An seiner zurückhaltenden, etwas schüchternen Art merkt man ihm an,
welche Narben seine Vergangenheit hinterlassen hat“, erzählt Philipp.
„Allerdings haben ihn die Jahre im Zentrum gelehrt, was mit Gemeinschaft
und Zusammenhalt zu erreichen ist. Er ist nun einer der besten Schüler und
sorgt oft für Ordnung, wenn das afrikanische Temperament der vielen Jungs
aufeinanderprallt.“
Neben der Schulausbildung bietet „Perspektive Senegal“ im Zentrum auch
eine Schuhmacher- sowie eine Schreinerlehre an. Mit fünf anderen Jungen
zwischen 14 und 19 Jahren, wird Aliou momentan zum Schuster ausgebildet.
In der Schusterwerkstatt fertigen er und die anderen Lehrlinge unter
Aufsicht eines gelernten Schuhmachers in erster Linie Ledersandalen nach
Maß und entwerfen dazu eigene Designs. Obwohl die meisten Senegalesen
billige Import-Sandalen aus China kaufen, hat sich die gute Qualität der
von den Lehrlingen produzierten Schuhe herumgesprochen. Deswegen können
sie auf einen Verkauf von zwei bis drei Paaren täglich stolz sein.

Während die Lehrlinge noch fleißig an neuen Schuhen arbeiten, helfen die
anderen Kinder bei der Zubereitung des Abendessens mit. Sie schälen
Kartoffeln und nehmen Fische aus. Hauptnahrungsmittel im Senegal sind
Reis, Mais, Hirse und Fisch. Aber auch Kartoffeln, Zwiebeln und
Rindfleisch werden gerne gegessen. „Ich habe zwar jeden Tag einmal Reis
mit Fisch gegessen“, berichtet Philipp Niklas „aber durch die raffinierte
Zubereitung war es trotzdem abwechslungsreich.“ Genauso wie die
Einheimischen hat auch er mit der rechten Hand oder einem Löffel aus einer
großen Schüssel gegessen, um die fünf bis sechs Personen herumsitzen. Für
viele Kinder im Zentrum sind drei volle Mahlzeiten keineswegs
selbstverständlich. Noch heute sind 20% der senegalesischen Bevölkerung
unterernährt.
 |