Fasching 1910 bis 1939

"Weichser Lumpen" zogen durchs Bachlertal

Fasching am Boch mit großer Vergangenheit - Hochwertige Fotodokumente

Hofkirchen (wp). Im Bachlertal arbeitet man in diesen Tagen an den Vorbereitungen für den großen Faschingsumzug und Faschingsmarkt am Faschingssonntag. Die Veranstalter sind bestrebt, den Besuchern aus Nah und Fern einen erlebnisreichen Faschingssonntag zu bieten. Damit wird auch die große Faschings-Tradition der Bachorte fortgesetzt.


Ein Bild von Fotograf Ferdinand Pöschl aus dem Jahr 1910 mit einer Reihen-Rasur

Der Fasching in diesem Landstrich kann auf eine traditionsreiche Vergangenheit zurückblicken. Die einzelnen Erinnerungen der Senioren können durch schwarz/weiß Aufnahmen eindrucksvoll dokumentiert werden. So wurden erst im Jahr 2003 aus dem Nachlaß von Frau Luise Pöschl neue Bilder gesichtet. Es handelt sich dabei um Aufnahmen ihres Vaters Ferdinand Pöschl (+1914), der ausgebildeter Fotograf war. Seine Aufnahmen sind von hervorragender Qualität und sind alle um 1910 entstanden. Zu dieser Zeit war der Bader (Barbier) aus dem Ortsleben nicht wegzudenken. Es war aber auch die Zeit der Industrieallisierung, in der man versuchte, alles zu ordnen und zu reglementieren. Im Hofkirchener Fasching nahm man dies zum Anlaß, den Bader wie am Fliesband arbeiten zu lassen. Die Aufnahme wurde im Hinterhof des jetzigen Gasthauses Roßmeier gemacht, wo die Darsteller vor der alten Metzgerei Aufstellung nahmen. Fünf Männer saßen in einer Reihe und wurden mit einer Halskrause aus Holz zusammen gehalten. Somit konnte der Bader die Kunden der Reihe nach rasieren.


Die Weichser ziehen zur Faschingshochzeit am 27-Feb-1938

Ein weiteres Bild entstammt aus dem Fotoarchiv der Fam. Pritscher in Weichs. Vor dem zweiten Weltkrieg war das Faschingstreiben vor allem in Haimelkofen. Aber die Bürger aus Weichs zogen in einem Faschingszug durch die Orte. Zur Faschingszeit sprach man damals in Hofkirchen und Haimelkofen von den "Weichser Lumpen", die von Weichs nach Haimelkofen zogen. Der Zug selber hatte damals schon eine stattliche Länge. Angeführt von einem Lanzenreiter in Uniform und Kindern folgten die Kühe- und Ochsengespanne. Auf dem ersten Gespann waren die Musikanten, die mit Blasmusik der Veranstaltung den richtigen Rahmen gaben. Dahinter dann die Themenwägen mit Zirkusdarstellern und "wilden" Tieren oder einem Brautpaar mit "Kammertwagen". Auch mit dabei war das erste Motorrad, das in den Bachorten zu dieser Zeit zu sehen war. Es gehörte den Zellner-Brüdern aus der Reichermühle. Das Zweirad selber war ebenfalls "maskiert". Mit den damaligen Möglichkeiten wurde das Fahrzeug als Schiff verkleidet. Da allerdings der Motorradfahrer nicht nur auf der Schotterstraße fuhr, sondern auch auf den anliegenden Feldstraßen und Wiesen, war das Schiff nach dem Umzug dann nur noch ein wüstes "Schlachtschiff", da bereits die halbe Verkleidung fehlte. Begeleitet von der Ortsbevölkerung zog der Tross durch Osterham, Hofkirchen bis zum Gasthof nach Haimelkofen. Die Auftritte der Weichser sollen nicht immer unproblematisch gewesen sein. So manche Attacken der Zugteilnehmer wurden sodann mit körperlichen Verweisen quittiert.

Der Faschingsmarkt und die entsprechende Nachfeier war dann in Haimelkofen. Ein abwechselungsreiches Programm wurde den Besuchern geboten. Bemerkenswert ist der Ideenreichtum zu dieser Zeit. Mit wenig Kleidungsstücken schafften es die faschingsbegeisterten Bürger aussagekräftige "Maschkara" darzustellen. Die Gesichtsmasken waren richtige Kunstwerke, und wurden aus Holz handgefertigt. Viel Zeit und Energie stecken die einzelnen Künstler in ihre aufwendig geschnitzten Holzmasken, die dann ein gewisses Statussymbol waren und von den Männern mit Stolz getragen wurden. Den Fasching war zumindest am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts reine Männersache. Erst vor dem zweiten Weltkrieg traten die Damen mehr in die Öffentlichkeit.

Die aktuelle Faschingstradition wurde 1980 von den Haimelkofener Stammtischlern neu begründet. Was mit Ripperl-Grillen und einem geselligen Beisamensein begann, wurde noch in den neunziger Jahren eine Faschingsveranstaltung für mehrere tausend Menschen. Dies war auch die Zeit, in der man mit dem LGC aus Mallersdorf-Pfaffenberg beschloß einen Wechselturnus einzuhalten. Seit dieser Zeit konzentrieren sich Mallersdorf-Pfaffenberg und die Bachorte auf ein zweijähriges Intervall. Das gewissenhafte Befolgen dieser Vereinbarung garantiert beiden Orten den Erfolg. 1990 war dann der 1. Faschingsumzug und bis 1996 waren alle Veranstaltungen in Haimelkofen. Aus Platzgründen wechselte man nach Hofkirchen. In Hofkirchen stiegen die Besucherzahlen erneut an, und bei einem Sauwetter hatte man 1998 ca. 7000 Besucher und alle Stände waren bis auf die letzte Semmel ausverkauft. In Haimelkofen zeichnete vor allem Peter Zuckmantel verantwortlich, die Veranstaltungen in Hofkirchen laufen unter dem Vorsitz von Stefan Heinrich. Im Jahr 2000 startete man den Bachler Fasching erfolgreich mit einer eigenen Prinzengarde und einem Prinzenpaar. Die Gardegruppe mit der Bezeichnung Bachler-Faschings-Freunde (BFF) wurde dazu eigens ins Leben gerufen. Am Faschingssonntag 2004 sind die Organisatoren, die Vereinsvorstände und die Bürgerinnen und Bürger des Bachlertales bemüht, für die Besucher einen unvergesslichen "Fasching am Boch" zu gestalten.

 
040213